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Und was machen Sie SO?

Eigentlich wollte ich zum Jahresende über die Familienweihnachtsfeier bei Müllers schreiben. Aber dann verliess mich der Mut und ich schwenke nun um auf die Weihnachtsapéros, die momentan Hochsaison haben. Egal, ob Weihnachts- oder Sommerapéro, eines ist und bleibt unverkennbar – der Smalltalk. Insbesondere dann, wenn man auf der Feier nicht alle Personen kennt und nicht genau weiss, wer und wie und überhaupt. Man tastet sich vor auf diesem spiegelblanken Parkett. Und irgendwann kommt sie, die Mutter aller Apérofragen: «Und was machst du SO?» Und da denke ich immer: «Wie jetzt?!» Ich könnte dann den Modus auf doof schalten und nachfragen, ob er oder sie meint, was ich am Samstagmorgen zum Beispiel zu tun pflege? Oder ob ich mit Dampfstation oder Normalbügeleisen bügle oder so? Natürlich geht es um die berufliche Tätigkeit. Und dann wird es bei mir kompliziert, weil ich ja verschiedene Tätigkeiten ausübe. Bis anhin fand ich immer, es sei doch ganz einfach bei mir. Bis mich meine Mutter vor ein paar Jahren mal fragte: «Tina, was genau arbeitest du eigentlich?» Seither sage ich immer: «I bi ds Bürofrölein.» Als ich noch Kind war, pflegten meine Eltern das über Dritte auch zu sagen: «Die arbeitet in einem Büro in Bern oder wo auch immer», hiess es da oft. Tue ich auch, also bin ich das Bürofräulein. Ja nach Apérokategorie kommt man nicht drum herum und man beginnt also von seinem «SO» zu erzählen. Und im Grunde genommen kann der Schuss voll nach hinten losgehen. Ich war mal zu einer Silvesterfeier eingeladen und da fanden sich diverse Leute an meinem Tisch. Und als die SO-Frage auf den Tisch kam, sagte mein Visavis, er sei Physiker. Mehr als ein verlegenes «Aha» brachte ich gar nicht rüber. Voller Entsetzen stellte ich mir mein Jahresende vor, welches in einem wissenschaftlichen Chaos mit Einstein enden würde. Zum Glück hat seine Frau die Situation entschärft und meinte zu ihrem Mann, er solle jetzt aber nicht versuchen, sein SO zu erklären, denn kein Mensch könne ihm folgen. Ich war so was von erleichtert. In meinem Freundeskreis gibt es auch Treuhänder, Buchhalter und SO. Wenn die gefragt werden, was sie denn so machen, dann sagen sie es und gut ist. Wenn man meinen Bruder Michael (Thronfolge Nr. 1) fragt, wirft sein Beruf auch keine Fragen auf. Und wie einfach es doch die Banker haben, die müssen sich höchstens vorsehen, dass man ihnen zu später Stunde nicht noch eine knallt. Der Koch löst immer diese Nachfragen aus. «Sag mal, warum scheidet meine Hollandaise?», und vieles mehr. Der Pilot fliegt von A nach B und wird erst dann gefragt, was er eigentlich beruflich macht, wenn er crasht. Diese greifbaren Berufe sind so wunderbar und darauf lässt sich aufbauen. Bei mir folgt dann immer dieses Lächeln – jaja, ich kann es ihnen förmlich von der Stirn lesen. Baumann der Restauranttester. Lustig, oder? Nun doch noch eine Familiengeschichte: Als meine Brüder die ersten Freundinnen mit nach Hause gebracht haben, pflegte mein Vater das klassische Interview mit der Frage anzufangen: «Und was machen Sie beruflich?» Was war das PEINLICH! Und dann dieses nachhallende «Aha». Irgendwann haben wir ihm die abgestellt, diese peinliche Einstiegsfrage. Und wir haben ihm gesagt, er könne ja mal mit dem Duzis anfangen. Ha! Das war vielleicht was, da hättet ihr Vater Christian mal sehen und hören sollen. Der war noch alte Schule mit Duzis und SO. So geht das in der Familie Müller beim «Und was machen Sie SO».


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