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Meine kulinarische Liebeserklärung

Die einen können nicht ohne Fleisch, die anderen können nicht mit Fleisch. Meine Mutter könnte niemals ohne Käse und eine Kollegin von mir, könnte niemals mit. Es gibt Menschen, die ohne Rotwein keine tiefgründige Diskussion führen können und solche, die ohne Weisswein viel entspannter wären. Ich kann mit vielem und doch gibt es da so ein paar kulinarische Geheimnisse, die ich heute verraten werde. Kulinarische Geheimnisse sind ganz eigen, mystisch und still. Geheimnisse eben. Wenn es um kulinarische Geheimnisse geht, dann ist man mit diesen alleine, man versteckt sie und behütet sie auch.

Ich versuche es noch ein bisschen hinauszuzögern, überlege mir, ob ich diese Geheimnisse nun wirklich ausplaudern soll...?

Würde ich hier nun eine Liebeserklärung an meinen Lieblingsrotwein schreiben, wäre dies an sich noch schön, aber irgendwie alltäglich normal. Den Wein kann ich im Restaurant bestellen oder zu Hause trinken und kein Mensch wundert sich. Ich liebe auch Pistache-Glace und würde für eine Kugel davon weiss der Himmel wie weit laufen. Zu Hause aber habe ich keine Pistache-Glace, weil für mich das Kügelchen Pistache-Glace auf ein gruusiges, geschmackarmes Kartonbiskuit gehört und ebenso gehört das Anstehen beim Glacestand dazu. Nicht bei einer dieser In-Gelaterias, nein, nein: das Wägelchen am Strassenrand oder in einem Park in Lugano, so geht das. Doch auch eine Pistache-Kugel auf Biskuit ist nicht so revolutionär. Meine kulinarische Liebeserklärung geht an... das Tuttifrutti. Jetzt ist es raus! Wenn ich ein Tuttifrutti schon nur sehe, verliere ich sämtliche Hemmungen, die Erziehung steht ebenfalls hinten an. Tuttifrutti wird bei mir nicht geteilt, das Säckli gehört mir. Im Küchenschrank muss ein Tuttifrutti vorrätig sein. Das Wissen, ein Säckli davon in der Büroschublade oder im Küchenschrank zu haben, verleiht mir Sicherheit. Wie eine Raucherin, welche die Gewissheit haben muss, ein Päckli Zigaretten in der Jackentasche zu haben. Früher wäre eine Schulreise ohne Tuttifrutti im Rucksack undenkbar gewesen. Es hätte ein Drama gegeben, wenn meine Mutter das Tuttifrutti vergessen hätte.

Das Geheimnisvolle daran ist das Essprozedere. Damit ich dieses Tuttifrutti nicht hemmungslos in mich rein esse, notabene nicht richtig kaue und alles ist innert Minuten weggeputzt, lasse ich das Tuttifrutti-Säckli im Küchenschrank. Ich schleiche erst ein bisschen drum herum, dann öffne ich es voller Vorfreude und nehme eine Handvoll. Tageszeitpunkt? Egal. Tätigkeit? Egal. Denn immer wieder führt der Weg über die Küche hin zum Schrank und das Prozedere ist immer das gleiche. Bis es leer ist und ich von den Nüssen Magenbrennen bekomme. Doch ich würde niemals zugeben, dass mir das Tuttifrutti aufliegt oder dass ich Magenbrennen habe. Niemals.

Seit ungefähr 1977 gehört Tuttifrutti zu meinem Leben. Tuttifrutti hat Tiki, Rakete und Mach, Zehnermocken, Ovosport, Bazooka und Co. überlebt, ja was schreibe ich, überflügelt. Tuttifrutti ist mein Begleiter, egal ob ich glücklich oder traurig bin – es ist da. Ihm gebührt diese Liebeserklärung.

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