Wenn dieser Blog erscheint, sind die Schulferien zu Ende und ich werde am Morgen im Tram meine Kopfhörer eine Stufe höher schalten, denn liebe Blogfreunde, ich kann es nicht mehr hören und schon gar nicht erleben: Diese Feriengeschichten gehen mir dermassen auf die Nerven, ich kann es gar nicht in Worte fassen. Dieses ewige Wettergejammer und dieses sinnlose Staugejammer und dieses Rückkehrgejammer – es ist unerträglich. Aber der Reihe nach.
Zum Glück spielten die Frauen die Fussball-WM, denn das TV-Programm in den Sommerferien ist ja wohl kaum zu fassen. Die aktuellen Serien sind ruhiggestellt, die Filme, die über den Schirm flimmern, sind so alt wie ich es bin. Ein Wunder, ist die Tagesschau noch aktuell. Die Zeitungen sind dünn, sehr dünn und ebenso der Inhalt. Dieser Inhalt ist dermassen dünn, da lassen sie alte Männer, die längst pensioniert sind und eigentlich in Spanien ihr Winterdomizil buchen sollten, wilden Journalismus betreiben. Vielleicht finden sie ja irgendwo ein nettes Fräulein, die das mit dem Computer macht. *Siehe Verweis am Blog-Ende.
In der Schweiz haben wir seit geraumer Zeit, dieses Stadt-Land-Ding. Auch das ein wunderbarer Lückenfüller in der Sommerzeit, nämlich dann, wenn die Städter für den Winter «Alphüttli» im Berner Oberland, oder in welchem Oberland auch immer, suchen. Ich als Simmentalerin habe nach wie vor die Simmental-Zeitung abonniert, damit ich à jour bin, was im Simmental so geht. Deshalb sehe ich jeweils die Inserate, die meist so beginnen: «Junge Familie (Anzahl Kinder) sucht Alphüttli…. etc. etc.» KEIN Mensch im Simmental, also die Einheimischen, sagen «Alphüttli», das ist so ein Stadtding. Mir hat eine Frau erzählt, die eine andere Frau kennt, die solche Hütten vermietet, die Städter würden dann anrufen und sagen, es hätte kein Netz oder die Heizung funktioniere nicht und sie können nicht warm duschen – die Städter sind ja schliesslich Warmduscher und Beckenrandschwimmer. Ausser sie treiben zu Tausenden in der Aare und gumpen einander halbbesoffen auf den Grind (auch gelesen während der Sommerflaute).
10vor10, die Newssendung, hat aber einen rausgehauen. Eine Sommerserie immer zum Ende der Sendung. Gegenwelten. Zum Beispiel porträtieren sie einen Bergler aus dem Kanton Schwyz, wie er mit Kumpels in einem alten Bauwagen Party macht und als Gegensatz eine junge Frau aus Zürich (halb Kamerun oder Ghana oder weiss ich was und halb Schweiz), die führt einen Algenladen. Freunde, einen Algenladen und abends haut sie auf den Putz und betrinkt sich gerne mit Freundinnen. Das kann man so nachsehen in 10vor10. Am Ende setzt man die Gegenseiten dann zusammen und sie erzählen die Eindrücke des Gegenübers – also die Gegenwelt. Da sagt die Algenlady aus Zürich doch tatsächlich: «Ds Züri bisch sooo fräääi, du chasch ALLS si, du chasch total betrunke si, du chasch Peter Pan si oder du chasch än Bäääum si…»
Aha, jaja. Ein Baum ds Züüri. Der Bergler schaute dann schon etwas komisch aus der Wäsche, zumal er mit Mückenstichen übersät war, die Züüri-Mücken meinten wahrscheinlich, er sei ein Baum. Und in solchen Momenten wundert mich dieses Stadt-Land-Gefälle einfach nicht mehr. In solchen Momenten bin ich aber froh, eine Berner Oberländerin zu sein und kein Baum in Züüri. Auch keine vom Land, sondern eine Berglerin.
Wir brauchen keine künstliche Intelligenz, wir brauchen vielleicht mehr Züüri-Bäume. Und ich gehe übrigens bald in die Ferien ins Tessin, mal schauen ob der TV funktioniert.
*Die Weltwoche, Mario Widmer zur Frauenfussball-WM.
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