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Das Frühstück im Hotel

Ich war in England – im Hotel. Wer mich kennt, weiss: Ich mag Menschen am Morgen nicht und schon gar nicht mag ich Menschen, die mit mir Zmorge essen. Und um es gleich vorneweg zu nehmen, ich kenne die Lösung von wegen Wohnung und so. Es ist schon eine Weile her, seit ich mich an mehr als einem Tag mit fremden Menschen zum Zmorge am Buffet getroffen habe, nämlich im Hotel in England und das ging so.


Man kennt diese Mitfrühstücker ja nicht persönlich und das ist auch gut so. Normalerweise nehme ich mir erst einmal einen Kaffee und setze mich, um die Lage zu checken und um mich an diese für mich wilden Umstände zu gewöhnen. Denn seit ich Kind bin, weiss ich, ich bin ein Morgenmuffel (meine Familie kann ein Lied davon singen) und es kann mich nichts so aus dem Takt bringen, wie der Morgen und die Menschen, darum, ich brauche meine Rituale, meine persönliche Organisation. Nicht Bestandteil dieser Organisation ist zum Beispiel ein Frühstücksbuffet mit Menschen, die sich nicht gewohnt sind, mit einem grossen Löffel Joghurt oder Rührei zu schöpfen. Da gibt es Gäste, die können nicht einen Teller in der einen Hand halten und mit der anderen Hand Joghurt schöpfen, ohne dass der halbe Joghurt über den Rand oder gar auf den Boden tropft. Und dann haben gewisse Menschen schon am frühen Morgen Hände wie kleine Kinder nach einer Sirupparty, alles klebt, der Löffel, der Boden – alles klebt. Die fassen den Schöpflöffel an und der klebt – unglaublich. Item, also ich kenne die Leute ja nicht persönlich, aber ich gebe nach einer gewissen Zeit meinen Mitfrühstücker*innen Namen. Da gab es ein Paar aus Island, ich nannte ihn Herr Ananas und sie Frau Island. Er hat zum Frühstück zirka 10 Ananasscheiben gegessen und ich übertreibe nicht. Er hat diese Ananasscheiben in einer Gier in sich gestopft, als würden die Ananas-Ernten weltweit eingestellt. Frau Island hatte wohl das gleiche Problem wie ich, sie kam erst später und hatte bestimmt von der Ananas-Orgie nie etwas mitbekommen. Mir ist bekannt, die Esskulturen sind so verschieden wie das Essen an sich. Mir ist aber wirklich schleierhaft, wie in einem Raum mit etwa 30 Personen mit einem relativ hohen Lärmpegel von schepperndem Geschirr und einem plappernden italienischen TV-Team jemand so laut schmatzen kann, dass ich es hören MUSS. Was erzähle ich da, es waren drei Personen – Freunde, SCHMATZEN. Und ich kann auch nicht verstehen, warum die Italiener immer so laut reden müssen, ihre Gestik sollte doch eigentlich ausreichen, aber nein. Und die neueste Unart (so würde es meine Mutter nennen), die mir noch vor der Kaffeemaschine (siehe unten) den Gong gegeben hat: Einsame Menschen, die im Ausland arbeiten, telefonieren mit ihren Liebsten und die essen via Facetime zusammen Frühstück. Ein Weltbürger aus DE mit seiner Frau. Die Frau betreibt offenbar eine Bar und hat Umsatzprobleme, wäre ja an sich mein Thema. Aber dann sagt Weltbürger aus DE: «Da müssen wir Werbung machen und so Mottos, weisst du, z.B. ab 21 Uhr nur noch in Unterhose...» Ja. Alleine die Vorstellung und das am Morgen um 9 Uhr, ich stand vor dem persönlichen Frühstücksabgrund.


Und nun noch das Finale welches ich loswerden muss. Da müsst ihr durch, ob ihr wollt oder nicht. Kaffeemaschinen. Wir haben Starbucks und Co. sei Dank alle unseren persönliche Kaffeelieben. So auch ich. Jetzt gibt es ein flottes Display, da kann man sich seinen Kaffee aussuchen, mit Bild. Da gibt es also Latte Macchiato, Cappuccino, Americano mit und ohne Milch, nur Milch und dann noch Milchschaum. Und jeder drückt mit seinen Fingern auf diesem Display rum und drückt und drückt dann wieder, weil er oder sie Angst hat, es würde überlaufen. Und dann noch Milchschaum obendrauf und es zischt und dampft und der Milchschaum süderet darüber hinaus und überall hat es Milchsprenkel und Kaffee, der schlussendlich über die Tasse läuft, weil eben nicht Cappuccino gedrückt wurde, sondern Americano mit Milch und der Milchschaum brachte schlussendlich die Tasse zum Überlaufen. Ein hygienisches Chaos sondergleichen und dann dauert es eben schon so dies lieblose eine Minute, bis diese Prozedur durch ist. Eine Minute. Für einen Morgenmuffel wie mich so endlos, wie die eine Minute, in der die Waschmaschine noch die letzte Runde dreht.

Ich sehne mich nach den amerikanischen Kaffeeservicearten mit der Kanne. Die Mugs sauber gefüllt, ohne Flecken und die einzige Wahl war mit oder ohne Milch.


Next please.

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