Heute inspiriert mich die TV-Werbung einer Bank. Dort sieht man Alltagssituationen von Berufsleuten wie Feuerwehr, Gynäkologinnen etc. und die Alltagsmenschen bedanken sich dann artig bei den Berufsleuten und diese sagen mit dem schönsten Lächeln: «Ich han doch nur min Job gmacht.» Und schon schreit meine innere Stimme NEIN und schlägt die Arme über dem Kopf zusammen, als hätte ich einen Penalty verschossen. Wir erlernen doch einen Beruf und gehen dieser Berufung ein Leben lang nach. Wir folgen quasi einem inneren RUF, lernen während drei oder vier oder oft mehr Jahren und wir machen nicht nur einen «Job». Für mich ist ein Job, wenn jemand neben seinem Studium in einer Bar arbeitet.
Aber es kam für mich noch schlimmer als es die TV Werbung ist.
Da höre ich Radio und es spricht ein Psychiater. Mit einer tiefen Belustigung erzählt er, dass es schon immer sein Traum gewesen sei, in einem Hotel zu arbeiten. Natürlich als Direktor, ach wie lustig. Und jetzt, mit über 50 Jahren, würde er ein Experiment starten: Er wird jetzt für zwei Wochen in einem Hotel eine Stage als Nachtportier machen. Natürlich ist der diensthabende Nachtportier vor Ort und wird ihn in die grosse dunkle Welt des Nachtportiers einführen. Und er fand das schuderhaft lustig, der Psychiater. Er betonte, wie er sich auf diesen Job freuen würde. Wart mal die ersten zwei Nächte als Nachtportier ab, du Laferi! Ich finde das überhaupt nicht lustig. Ich möchte mal den Herrn Psychiater erleben, wenn dieser Nachportier ihn anfragt, ob er mal für eine Woche mit seinen Patienten reden könne und ihnen ein Medikament verschreiben dürfe. Wir fühlt sich wohl dieser Nachtportier, wenn er merkt, dass der Psychoonkel seinen Beruf mehr lustig findet, als dass er ihn ernst nimmt? Und welches Bild eines Psychiaters hinterlässt der Möchtegern-Direktor beim Nachtportier? Oder da gibt es diese tolle Geschichte von einem Chirurgen, der mit dem Lastwagen durch den Osten Europas fährt. Klar. Er, der erfolgreiche Chirurg, den es wahrscheinlich finanziell nicht so kratzt, wenn er mal für einen längeren Zeitraum Lastwagen fährt, um seine Mitte zu spüren. Aber der Herzchirurg klaut einem Familienvater seine Tour! Dann gibt es auch einen ehemaligen Schuldirektor, der ist jetzt in Afrika und tut Gutes. Zuerst hat er sich mal eine 30 Jahre jüngere, bildhübsche Afrikanerin geangelt. Dann sagt er, den Tränen nahe, er habe mit dieser Frau das gefunden, was er schon lange suche. Sie würde ihn bewundern und sie beide führen eine offene Beziehung. Seine Frau in der Schweiz hätte eben nur noch ihr Tennis im Kopf gehabt. Und Vati Schuldirektor rast nun mit dem Toyota Geländewagen durch die Wüste und findet seine Berufung, indem er mit der jungen Frau seinen vierten Frühling spürt, denn die hat sicher nicht nur Tennis im Kopf. Eine weitere lustige Episode habe ich letzthin in einer Talkrunde gesehen. Nein, nicht am Nachmittag – da gehe ich ja meiner Berufung nach – sondern am Freitagabend: Da sass die illustre Runde und plauderte vor sich hin und dann kam SIE. Sie wurde bei GNTM im letzten Jahr zweite. Hallo, liebe Leute, ZWEITE wurde sie. Und bei ihrer Berufsbezeichnung wurde eingeblendet: Vorname, Name und Berufsbezeichnung: Derzeit Model. Leute! Das ist ein Job – kein Beruf! Ja und dann werden diese Chirurgen und Psychiater noch in den «Club» oder ins «Persönlich» eingeladen, damit sie der gesamten Schweiz ihre Naherfahrung erzählen können.
Ich nehme meine Berufung sehr ernst und ich tanze dort, wo die Musik für mich spielt. In meinem Alter setzt man nur noch seine Stärken ein und macht hoffentlich das, was man wirklich gerne macht. Und übrigens, was man im Beruf gut macht, muss nicht heissen, dass man es gerne macht.
«Ein junger Fussballer gewinnt Spiele, ein erfahrener Fussballer gewinnt Titel», so Ancelotti. Er ist ein Fuchs und Fussballtrainer ist seine Berufung.
Dieses Ausprobieren ist so ein Trend für Akademiker, die sich offensichtlich langweilen, weil sie alles erreicht haben. Das sind dann die, welche bei einer Panne doch die erfahrenen Berufsleute anrufen, ihnen aber noch sagen wie man die Panne zu beheben hat.
Auf die BeRUFung, ja, ruft es ruhig laut und unmissverständlich. Das musste jetzt mal raus.
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