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Die Hoteldirektorin

In meiner aktiven Zeit als junge und unbeschwerte Réceptionistin gab es den allgegenwärtigen und umtriebigen Hoteldirektor. Er war der Chef und so wurde er von den Gästen wahrgenommen; als ein gut gekleideter Direktor mit Kravattennadel, der alles im Griff hatte. Er drehte seine Runden tagein und tagaus. Kümmerte sich um die Gäste und um die Mitarbeiter. Er war eigentlich für alles verantwortlich vom Haus bis zum Marketing, er organisierte Kadersitzungen und eröffnete Saison für Saison den Betrieb. Und passend zu seinem erfolgreichen Status war er verheiratet. Mit der Hoteldirektorin. Die wurde vielfach den Gästen als die Frau des Direktors vorgestellt. Ich habe diverse «Frau Direktors» erlebt. Ich habe auch erlebt, wie diese Frauen von den Gästen und Mitarbeitern wahrgenommen wurden, als Frau des Direktors eben. Und meist waren diese Frauen verantwortlich für die Blumendekorationen oder überhaupt für die Dekorationen. Direktorin = Dekoration. Mhm, jaja, heute ein einfältiges Wortspiel und gestern noch Tatsache. Aber auch die Direktorinnen haben sich ,Emanzipation sei Dank, emporgearbeitet in den Olymp des Hoteldirektoriums und führen Weltweit grosse und bedeutende Hotels. Persönlichkeiten und Frauen, die ich bewundere, wie sie all diese Dinge managen. Ich halte jedoch nichts von Bemerkungen, dass Frauen immer mehr machen müssten – in einer Zeit, in der gleich viel schliesslich genügt. Was mich aber in Sachen Hotel-Emanzipation immer wieder irritiert, sind die Titelbilder auf Hochglanzmagazinen. Frau Direktor sitzt und Herr Direktor steht beschützend hinter ihr und da sprechen wir bereits von der neuen Generation, von den so genannt «jungen wilden Hoteliers», die nicht nur keine Kravattennadel mehr tragen, sondern todesmutig auch gar keine Kravatte mehr. Mhm, ganz schön mutig und wirklich wild. Wer es zwischen den Zeilen noch nicht gespürt hat, hier nun doch noch die direkte Variante: Ich finde, dass Hoteldirektorinnen, die den Beruf ohne Direktor ausüben, nicht immer betonen müssen, wie schwierig es als Frau ist – das ist meines Erachtens kontraproduktiv. Sondern es einfach tun und das gut und dann müssen wir Frauen uns nicht immer wieder erklären. Egal ob Hoteldirektorin oder Managerin oder was auch immer. Und wenn Fotos, dann bitte auch hier gleichberechtigt und nicht dieses Huschidasein, als wäre man Krystle Carrington aus Denver Clan, die ohne Blake nicht mal einen Vormittag übersteht, weil das Böse lauert. Und Dekoration ist nicht per se schlecht, wir machen es schlecht und lächerlich. Ich habe die grösste Achtung vor all den Leuten, die es fertigbringen, ein Ambiente zu schaffen, ich kann es zum Beispiel nicht und ich gehöre zu den Leuten, die eine Jahresdekoration hätten – nämlich nichts. Und Menschen, die lieber im Hintergrund arbeiten und das Sichselberpräsentieren nicht so mögen, die sind nicht einfach nur für den Spruch gut: «Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau!», sondern das sind Persönlichkeiten, die die Fäden ziehen und das Konstrukt zusammenhalten. Nicht immer Hochglanz, aber ganz schön erfolgreich. Der musste jetzt mal raus.



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