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St. Tropez Olé

Aus Bequemlichkeit verzichte ich auf das Gendern


Die Geschichte mit dem Drehkreuz in Iseltwald kennt ihr, oder? Bollywood machte Iseltwald zum Natur-Pop-Star, ohne zu fragen und plötzlich, plötzlich wurde das in sich ruhende Iseltwald zum Instagram- und TikTok-Hotspot. Diese Geschichte entwickelte sich dermassen schnell und unaufhaltsam, da gab es keine andere Möglichkeit mehr, als ein Drehkreuz zu installieren. Dort lässt man dann einen Fünfliber rein und für diesen Fünfliber gibt es das Foto. Jaja, die Zermatter werden sich die Augen gerieben haben über dieses dreiste Vorgehen der Berner Oberländer. Und dann, dann machten diese Fünfliber so richtig Geschichte; dann nämlich hat Venedig den Faden auch aufgenommen und sich gedacht, was Iseltwald kann, können wir stolzen Venezianer schon lange. Die Kreuzfahrtsschiffmenschen – und das sind Unmengen von Menschen – die vielen Touristen müssen nun je nach Saison 5 bis 10 Euro Eintritt bezahlen, damit sie auf einem – excüse – taubenverschissenen Markusplatz ein Erinnerungsfoto schiessen dürfen.


Auf Mallorca gibt es Demos gegen den Tourismus, die sind so gewaltig, dass gleich die Hotels zusammenkrachen. St. Tropez möchte auch keine Touristen mehr, bzw. möchten sie wieder unter sich sein, die Côte-d’Azur-Franzosen und Rosé schlürfen und den vergangenen Zeiten nachweinen, als Brigitte Bardot mit Gunter Sachs St. Tropez zu dem machte, was es heute ist – ein Hotspot. Aber die Franzosen haben jetzt genug zu tun mit dem Erbe von Alain Delon, der auch ein gern gesehener Gast war in St. Tropez – einer von ihnen halt.

Und die Italiener – nun die verlangen nicht nur in Venedig Eintritt, nein, die regen sich unwahrscheinlich auf über die Handtuchreservierer (ein versteckter Seitenhieb an die Deutschen) und bei den Italos darf man nun keinen Cappuccino mehr nach 11 Uhr bestellen, weil die Barmänner gleich aggressiv werden. Eigentlich könnte man einfach einen 5er rüberschieben und die Bar wieder verlassen ohne Kaffeevergnügen, dafür hatte man dann das Bestellvergnügen mit einem rasend wütenden Italiener. Wir Schweizer mögen doch diese südländische, temperamentvolle Art so sehr. Ich war übrigens mal in einer Gondel (Diavolezza), da waren wir gefühlte 300 Italos und 3 Kuhschweizer – ich fand die Fahrt demilustig. Item.

Die Tessiner mögen die Deutschschweizer nicht, die Engadiner regen sich über die Züzis auf usw. Bald, bald wird der Tag kommen und die Basler stellen für die Fasnacht ein Drehkreuz auf.


Tourismus ist und bleibt ein Geschäft mit der Sonne, der Landschaft, dem Meer, den Bergen, dem Schnee, Essen und Trinken, Schlafen, Camping Airzeugs und so. Wir Touristen wollen gerne auch Teil sein von dieser ach so lockeren Atmosphäre und wir gstabigen Nordländer wollen doch auch mal ein bisschen das Leben auf der Sonnenseite geniessen. So eine Saison kann sehr lang sein, kann kräftezehrend sein, sogar auf einem Campingplatz. Eine Saison kann einem total auslaugen und man kann diese Touristen nicht mehr leiden, die zwei Wochen die Sau rauslassen oder die sich aufregen, weil es dann doch nicht so gut geputzt ist wie zu Hause und der Campingplatz vielleicht eine Spur zu überbucht ist und voller Goofen und Hunde und Grossmütter und Grossväter (irgendjemand muss ja auf die Kinder aufpassen). Aber nicht nur auf den Campingplätzen, sondern auch in Hotels oder in der Ferienwohnung und so. Aber schlussendlich sorgen diese Touristen für ein Einkommen, ein Leben auf der Insel (Mallorca hat auch Zwischensaisonzeiten, in denen es ruhiger ist), diese Touristen sorgen dafür, dass es klingelt in der Kasse und man sich in der zweiten Jahreshälfte einen Moment der Ruhe gönnen kann.

Sorgen wir doch dafür, dass diese zwei Wochen im Jahr zu dem werden, was sie wert sind und wenn es ein Fünfliber kostet – einen Moment der Freiheit und Gelassenheit und nicht zu vergessen: der Schönheit.


Und die Iseltwalder, die sind für mich kleine Könige – die haben ES erfunden.



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