Letzthin hatte ich eine Besprechung mit einem wahrscheinlich gleichaltrigen Mann. Als wir das Geschäftliche beinahe erledigt hatten, schwenkten wir noch in den unvermeidlichen Schlusssmalltalk. Der ist beinahe so anstrengend, wie der Eröffnungssmalltalk. So endlos. Ich setze diesem Ritual mittlerweile dann mal einfach so einen Riegel; ich mag das nicht, dieses sinnlose Hin und Her – einfach nicht mehr. Nachdem ich gefühlte hundert Mal «also» gesagt habe, erhebt man sich endlich und der Weg zur Türe ist wieder so endlos lang. Und wir wünschen einander, erneute hundert Mal, einen schönen Tag und bedanken uns weitere gefühlte hundert Mal. Und gut ist. Zum feurigen Schlussbouqet schreiben wir uns noch eine E-Mail und bedanken uns für das tolle Gespräch und bedanken uns für Kaffee, Wasser und so weiter. Nun so denn. Also zurück zum Punkt. Ich sass mit diesem Herrn X in der Schlussphase, dem so genannten Schlusssmalltalk, und dann erzählte er mir von einem gastronomischen Erlebnis. Er musste sich also wirklich aufregen, weil es nicht so klappte, wie er sich das vorstellte und ER hätte dann schliesslich Erfahrung in diesem Bereich und jetzt kommts: Sein SCHÄTZU hätte ihm dann gesagt, er sei so toll gewesen, wie er sich da geschlagen habe und diesen Typen aus dem Tessin, die nicht mal Deutsch sprechen, den Tarif auf Deutsch mal durchgab. Und in seiner Aufregung erwähnte er Schätzu und noch mal Schätzu und überhaupt und Schätzu hin und Schätzu her. Ich übertreibe wirklich nicht, so ging das fünf Minuten mindestens und es kam mir vor wie Stunden. Und mir war schon ganz schwindlig vom Zuhören und von der Vorstellung von diesem Schätzu-Karussell, denn Schätzu liess mich nicht mehr los. Ich habe mich dann gefragt, ist Schätzu eine Frau oder ein Mann (ich ging davon aus: es ist eine Frau), ist Schätzu eine gestandene Frau oder ein Huscheli, was arbeitet Schätzu? Aber es stellte sich heraus, Schätzu war eine Frau und die hatte auch einen Namen. Himmel bin ich froh, denn also als Schätzu durchs Leben zu gehen, hat nun wirklich niemand verdient. Nein, niemand. Ich meine, Schätzu Müller – ganz schön frech oder? Nun, diese Kosenamen sind ja wirklich entzückend. All die Hasis, Schnuggelchen, Schatzis und so weiter. Ich finde jedoch, all die Partner_innen die neben einem durchs Leben gehen, die haben mehr verdient als ein Schätzu. Und wenn schon in Hasiform, dann bitte in den eigenen vier Wänden, weil Leute: Es überfordert mich. Sollte ich Schätzu einmal persönlich treffen, weiss ich schon jetzt, ich werde enttäuscht sein, denn ich habe so ein Bild von einem Schätzu. So wie ich Bilder habe von Käferlis, Schnuggelchens, Darlings, Honeys etc. Im Grunde genommen ist das ja Privatsache und soll auch Privatsache bleiben; so gehen wir diesen Namen elegant aus dem Weg. Denkste. In meinem Freundeskreis gibt es nämlich auch so einen Fall. Fall «Schatzi». Da wurde eine neue Freundin in den Freundeskreis aufgenommen und in einer Bier- oder Weinlaune wurde aus Spass im Sinne von «wann lernen wir denn dein neues Schatzi kennen?» Ernst. Von einem Moment auf den anderen hiess sie einfach Schatzi und wird noch heute so genannt. Im erweiterten Kreis wurde ich schon oft zur Seite genommen und man fragte mich: «Tina, wie heisst Schatzi richtig?» Reden wir von Schatzi, fragt niemand nach von wem wir sprechen, ist ja klar. Ah, ist das nun dasselbe oder nicht? Schatzi nimmt es mir nicht übel, denn sie weiss, mittlerweile ist es ein Nickname und das ist ja schliesslich cool heutzutage und auch ein bisschen unique, so mit über 50 Jahren rufen einem die Freunde ein freudiges «Schatzi!» zu. Aber Schätzu geht dennoch nicht, nein, geht gar nicht.
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