Mit zunehmendem Alter habe ich festgestellt, es lässt sich besser leben FÜR etwas zu sein als GEGEN etwas. Es lässt sich auch leichter kämpfen für eine Sache, als gegen eine Sache. Gegen etwas zu sein hat schon von Anfang an einen negativen Touch und es tönt nach Arbeit und Engagement. Als ich noch jünger war, liebte ich die Debatte, einfach gegen etwas zu sein und dafür zu argumentieren. Am grossen Tisch mit vielen Leuten einfach gegen etwas zu sein, damit die Diskussion in Schwung kam, mit allem Drum und Dran und da regierte mich ein inneres Teufelchen –ich gebe es zu. Aber die Diskussion war in Schwung und mit ein bisschen Öl brennt das Feuer einfach besser und länger. Die Diskussionen sind leidenschaftlicher mit ein paar Kontras und die Kunst ist es ja, fair zu bleiben, eine andere Meinung zu akzeptieren. Und bei mir lösten solche Diskussionen immer einen innerlichen Wettbewerb aus, ob ich denn auch wirklich fair und sportlich damit umgehen kann oder konnte. Bei all diesen heutigen Fragen gerät man schnell einmal in Kritik, wenn man gegen eine Sache ist und noch viel mehr, wenn man nur beobachtet und sich seine Gedanken macht. Man soll sich immer gleich outen und die Kleinen fordern Bekenntnisse und am liebsten noch für ihre Sache, denn sonst machen sie mal so richtig Radau. Und auf einmal ist man mittendrin, wo man gar nicht hinwollte und schon gar nicht so aggressiv und so direkt. Letzthin sah ich mir eine politische Sendung der 80er Jahre im TV an. Ha, da ging die Post noch ab, da wurde einander so richtig Guzzi angemacht, ohne das heutige dazugehörende fiese und lustlose Lächeln, nein da wurden noch Finger aufgehoben und aufeinander gezeigt, als hätten sie alle vor der Sendung zu viel Fendant getrunken. Ich habe einmal eine politische Sendung in den 90ern in einem Privatfernsehen aus dem Kanton Zürich erlebt, da ist eine Politikerin aus dem Studio gelaufen, einfach so. Ich finde das nach wie vor einfach genial. Genug ist genug und jetzt könnt ihr mich alle mal. Heute würde es einen Aufschrei geben, denn heute wird ja immer gelächelt, wenn man eine Frage gestellt bekommt und wenn man einander dreinredet, dann lächelt man, obwohl man den Gesichtern ansieht, die könnten dem Gegenüber ein Pulver ins Wasser schütten. Aber nicht Berocca. Wir haben also gelernt freundlich zu sein, aber nicht mit zu vielen Emotionen (das ist etwas für Unbeherrschte). Und dann bitte auch noch das anwenden, was man bei der Kommunikationsagentur wochenlang vor der Kamera geübt hat, ansonsten wäre diese Investition auch für die Katze. Vielleicht bin ich deshalb zum Lager der stillen Ja-Sager gewechselt, weil ich diesem Lächeln aus dem Weg gehen will. Ehrlich gesagt fehlen mir manchmal die Diskussionen auch im Freundeskreis, dieses Aufreiben und dieses Kontroverse und vielleicht wollen auch meine Freunde und Kollegen nicht mehr mit mir diskutieren, weil es zu anstrengend geworden ist. Schade eigentlich. Wenn ich es mir so überlege, könnte ich ja mal wieder ein bisschen das Feuer, das mittlerweile ein bisschen erloschen ist, entfachen und mal ein paar Gläser Fendant trinken und es so richtig zum Lodern bringen. Ich wäre grad so in Stimmung, ihr so?
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