Als ich letzthin mit dem Tram zur Arbeit gefahren bin, hatte ich das Vergnügen, gegenüber einem jungen Mann zu sitzen. Er trug wie alle jungen Männer einen Bart, eine Mütze und eine Daunenjacke, die meinem Duvet glich.
Mit einem blauen Papiersäcklein in der einen und einem grossen Pappbecher in der andern Hand, setzte er sich zu mir. Die beiden Sachen platzierte er auf der kleinen Fensterablage. Nachdem er sich häuslich eingerichtet hatte, stand Frühstück auf dem Programm. Er zog ein Gipfeli aus dem Papiersäckli und biss genüsslich hinein. Die Brosamen spickten auf den Boden, auf seine Jacke, auf meine Schuhe sowie auf meine Hose. Irgendwie hat man diesem jungen Mann nicht gesagt, dass es für die Mitmenschen erträglicher wäre, wenn er zu Hause frühstücken und beim Kauen seinen Mund schliessen würde.
Als er das Gipfeli gegessen hatte, putzte er sich wie ein Hund. Die Brosamen auf seiner Jacke und seiner Hose landeten grosszügig erneut auf meinen Schuhen oder meiner Hose. Und wer jetzt denkt, ich hätte diesem Jüngling mal so richtig die Meinung gesagt, täuscht sich. Ich war und bin es immer noch – schlichtweg platt. Von mir aus kann dieser Herr sein Zmorge überall essen, die Abfälle jedoch kann er sich in sein Duvet stopfen, aber sicher nicht auf meine Hose oder meine Schuhe. Ah, da kenne ich nichts, da bin ich sowas von heikel.
In dem Zusammenhang beschäftigt mich die Frage sehr, ob ich ein Bünzli bin. Diese Esserei in Tram, Bus, Zug etc. regt mich schon lange auf. Vor längerer Zeit war ich mit einem kleinen Kind im Kino. Dort sass ebenfalls ein Gotti, aber die war viel cooler als ich es bin, die hat nämlich noch einen Nüsslersalat gegessen. Im Kino. Oder als ich in der Reisebuchabteilung bei Thalia einen Reiseführer suchte, hörte ich ein verdächtiges Schaben. Wer kennt es auch, das Geräusch von Löffel und Becher? Tatsächlich. Eine Frau ass einen Joghurt.
Ich bleibe dabei: Ich esse am Tisch, am liebsten in Gesellschaft und ich bin überzeugt, das Essen hat einen ganz anderen Stellenwert, wenn es am Tisch eingenommen wird. Und ich stehe auch über dem Bünzli.
Zu etwas aber konnte ich mich überwinden. Ich trinke nun das Bier auch aus der Flasche. Natürlich nicht im Tram oder im Bus. Aber an einem lauschen Sommerabend auf der Terrasse kann ich mich schon mal hinreissen lassen. Gerade jetzt, wo mir jeder Bierkenner sagt: «Jedem Bier sein Glas.»
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